(Literarische) Kneipentour durch London

Gastbeitrag von Pub-Experte Dr. Johann-Günther König

Time, Ladies and Gentlemen!

Auf den Gang zum Pub freuen sich alltäglich viele Briten. Und zwar ganz gleich, welcher Schicht oder Berufsgruppe jemand angehört. Noch der nadelstreifen-steifste Banker in der City of London wird sich einem pint zur traditionellen Lunchtime nicht verschließen. Selbst hochbetagte Rentnerinnen gönnen sich in ihrer Stammkneipe, dem local, nur zu gern ein Gläschen oder zwei und lieben das Schwätzen mit anderen Gästen. Regulars, sprich Stammgäste, die sich von ihrem zweiten Zuhause nach dem Tod nicht lösen möchten, treffen auch auf keine großen Probleme: Wenn die Wirtsleute nichts dagegen haben, kann die Urnen-Beisetzung im Pub erfolgen.

Das public house, das Pub, ist aus dem öffentlichen Leben des Vereinigten Königreiches und zumal der Metropole London nicht wegzudenken. Mindestens 18 Jahre alt müssen Gäste freilich sein, wenn sie alkoholische Getränke konsumieren wollen. Eine Ausnahme gibt es auch. In Pubs, in denen Mahlzeiten serviert werden, dürfen Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr in Begleitung eines Erwachsenen Bier und Cider trinken.

Im Zweifelsfall ist es im hektischen Großstadtgetriebe nirgendwo leichter als in einem Pub, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Wer dabei gemütlich rauchen möchte, muss allerdings draußen bleiben und auf Sonnenschein oder wasserabweisende Überdachungen hoffen. Kurz, wer eine kulturhistorisch geprägte Institution mit Eigentümlichkeiten, wie sie sich besonders gut auf einer Insel entfalten können, kennenlernen möchte, der steuere in London ein Pub an. Und dann noch eins und noch eins und noch eins – und schon kommt der schönste Zug durch die Gemeinde, ein pub crawl in die Gänge. Dabei geraten nicht zuletzt die an vielen Hauswänden angebrachten blauen Schilder in den Blick – London ist gleichsam übersät mit blue plaques, die auf die Lebensdaten berühmter Leute verweisen.

Ein Pub wird seit jeher von der näheren Umgebung und dem gesellschaftlichen Umfeld und Wandel mitgeprägt. Zuweilen auch von Gästen und Stammgästen, die kultur- und literaturhistorisch besonders auffällig geworden sind. Die von mir ausgewählten public houses sind auf jeweils spezifische Art unverwechselbar – sei es aufgrund ihrer Geschichte, der Art ihrer Einrichtung, des in ihnen gepflegten Umgangstons, der ausgeschenkten Biersorten und Qualität der Speisen oder auch ihrer Lage. Vor allem aber stecken sie im Idealfall voller geistiger Getränke und Geschichten. 

Allerdings können selbst beliebte Pubs von einem Tag auf den anderen dicht gemacht und vernagelt werden – in London ist dann die Rede von another dead pub. Sie können in die Hände unfähiger Wirtsleute geraten oder eine unvorteilhafte Modernisierung erfahren. Eine Garantie für so etwas wie eine gleichbleibende Qualität gibt es nicht. Ein Vorgeschmack auf einige Kneipen darf hier nicht fehlen.

Eine kurze Empfehlungsliste…

The Newman Arms, 23 Rathbone Street, W1T 1NG

Das kleine traditionsreiche Pub zählt zu den empfehlenswertesten in London und wird völlig zu recht für seine Erbsengerichte gerühmt. Es gibt Kneipenkritiker, die es als die Nummer 1 der 50 besten Pubs in London werten, und selbst wenn es nur die Nummer 5 wäre, sollte kein Kneipengänger diese Stätte der bierkulturellen Hochkultur auslassen. Es gibt viele namhafte und historisch auffällig gewordene Personen, die das Newman Arms gerne aufsuchten. Der große Premier (und alkoholische Getränke präferierende) Winston Churchill zum Beispiel. Zu den Kunden in den 1930er Jahren gehörten viele Autoren, die stundenlang über ihren Gläsern brüteten und dabei die Kneipenatmosphäre aufsogen. Und wie – jedenfalls nutzte sie George Orwell (eigentlich Eric Blair) als Stimulanz für eine Kneipenszene im Viertel der Unterklasse, der „Proles“, in seinem Meisterwerk 1984.

The Grenadier, 18 Wilton Row, SW1X 7NR

Das von Bäumen „eingefriedete“, in einer heimeligen Sackgasse gelegene spätgeorgianische Cottage stammt aus dem Jahr 1720 und diente zunächst dem Foot Guards Regiment. Es wird umweht vom Ruhm, einst sowohl als inoffizielle Offiziersmesse des Regiments des Duke of Wellington sowie als Anlaufpunkt des umtriebigen Königs George IV. fungiert zu haben. Die Pub-Saga erzählt, dass eines Tages ein junger Grenadier beim unter Soldaten üblichen Kartenspiel mit gezinkten Karten erwischt wurde. Seine Kameraden erboste das so sehr, dass sie ihn zur Strafe die Treppe herunterstießen und zu Tode prügelten. Seitdem spukt es angeblich hin und wieder hinter und unter der Theke. Spezialität des Hauses: eine frisch gemixte Bloody Mary.

Ye Olde Mitre, 1 Ely Place, EC1N 6SJ

Die Geschichte der Taverne Ye Olde Mitre beginnt um 1546. Heute gehört das Pub zwar der Londoner Brauerei Fuller’s; die seit Längerem von den so engagierten wie liebenswürdigen Wirtsleuten Scotty und Kathy geführte Kneipe offeriert dennoch – und den Jahreszeiten angepasst – eine Fülle stetig wechselnder guest ales aus allen Teilen des Landes. Die Fässer werden von Scotty nach allen Regeln exzellenter Wirtskunst im Keller angemessen kühl gelagert und gepflegt. Real ales sind lebende Biere, die nach der Öffnung eines Fasses bestenfalls fünf Tage ihre Frische bewahren. Ihre Behandlung ist eine Wissenschaft für sich und im Mitre kann man absolut sicher sein, dass das ausgeschenkte Bier genauso mundet, wie von den Brauern vorgesehen.

The Royal Oak, 44 Tabard Street, SE1 4JU

Die Eckkneipe, wie sie im Buche steht, gehörte immer zu Brauereien, seit 1997 zur mittelständischen und preisgekrönten Harvey’s Brewery. Unter dem kenntnisreichen und gastfreundlichen Wirt Frank Taylor hat sie sich in der jüngeren Vergangenheit zu einem von Londoner Ale- und Kneipenliebhabern hochgeschätzten local entwickelt. Und zwar nicht zuletzt, weil die verschiedenen Biersorten der seit 1790 im südenglischen Lewes ansässigen Brauerei eine Sünde wert sind. Verhungern muss auch niemand; offeriert wird typisches pub food. Der so schlicht wie einladend helle Pub mit der klassischen Abtrennung von main und lounge bar ist ein exzellenter Treffpunkt. Es gibt zumal keine die Gespräche störende Musikbeschallung.

Literaturempfehlung

Eine Fülle von Geschichten einschließlich historischer Hintergrundinformationen über bemerkenswerte Londoner Pubs finden sich in dem neu erschienen multimedialen E-Book von Johann-Günther König: „Pubs in London – Eine literarische Kneipentour“ mit vielen Fotos, Videos, Karten, Navi Funktionen und Links. 

Weitere Informationen zum Buch gibt es auf strombuch.com.

Erhältlich ist das Buch im Apple-Store und auf Google Play

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